Jungfrau, Mutter Gottes mein

Wir kennen ja wohl alle das uralte und sehr schöne Volksgebet zur Muttergottes, welches mit den Worten beginnt: “Jungfrau, Mutter Gottes mein, lass mich ganz Dein eigen sein”. Vielleicht erfreut es sich gerade deswegen einer großen Popularität unter dem gläubigen Volk, weil wir uns damit in verschiedenen Anliegen an die Muttergottes wenden und sie um ihre Fürsprache für uns angehen können.
Unter anderem findet sich darin auch eine Strophe, bei welcher es sich lohnt, sich darüber mal etwas mehr Gedanken zu machen bzw. intensiver darüber nachzusinnen: “O Mutter, so komm, hilf beten mir! O Mutter, so komm, hilf streiten mir! O Mutter, so komm, hilf leiden mir! O Mutter, so komm und bleib bei mir!”
“O Mutter, so komm, hilf beten mir!” Als der Erzengel Gabriel der heiligen Jungfrau erschienen ist und ihr die Kunde davon gebracht hat, dass sie von Gott erwählt worden ist, dem künftigen Messias das Leben zu schenken und somit seine Mutter zu werden, fragte sie unter anderem: “Wie wird das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?” (Lk 1,34). Diese Worte Mariens sind für die Kirchenväter ein klarer Hinweis darauf, dass sie damals in ihren jungen Jahren ein Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt hatte. Und dies verweist seinerseits auf den Umstand, dass sie bereits im zarten Alter von ungefähr 14 Jahren ein sehr intensives Gebetsleben geführt haben muss!
Denn das Judentum als solches kannte weder vor Zweitausendjahren noch zu irgendeiner anderen Zeit ein Jungfräulichkeitsgelübde seiner Mädchen, Frauen oder auch Männer. Klöster mit aus Gründen der Gottesliebe enthaltsam lebenden Insassen sind ihm total fremd. Im Gegenteil, populär war die Ehe und eine möglichst sehr zahlreiche Nachkommenschaft! Unverheiratetsein und Kinderlosigkeit galt im Volk als Fluch Gottes. Also strebten und streben streng religiös lebende jüdische Frauen in dieser Hinsicht nach nichts anderem als nur nach Ehe und Kinder.
Wenn aber dann Maria auf diesem historisch-religiösen Hintergrund dennoch ein Gelübde der Jungfräulichkeit ablegt, dann muss ihre Glaubensintensität besonders stark und die Hingabe an die Vorsehung Gottes sehr intensiv gewesen sein. Die Antwort Gabriels an die vorhin zitierte Frage Mariens bestätigt die Annahme der Kirche von ihrem edlen und eben nur aus Gründen sehr starker Gottesliebe abgelegten Jungfräulichkeitsgelübde: “Der Engel antwortete ihr: ‘Heiliger Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.’’” (Lk 1,35). Diese Konversation zwischen Gabriel und Maria hätte nicht so stattfinden können, wäre nicht vorher Mariens Absicht vorgelegen, ehelos zu bleiben.
So können wir uns doch betend an sie wenden: “O Mutter, so komm, hilf beten mir!” Hilf mir, meine Hauptberufung zu erfüllen und Gott so aufrichtig und selbstlos zu lieben, wie Du Ihn hingebungsvoll geliebt hast! Der Ruf Gottes an Dich lautete, Du solltest Dein ganzes Leben Ihm im Stand der Ehelosigkeit und Enthaltsamkeit weihen - entgegen entsprechender anderer und an Dich vielleicht sogar nicht nur mäßig herangebrachten Erwartungen in Deiner Familie und Deinem Volk! Hilf mir, meine Seele ebenso zu Ihm zu erheben, dass auch ich die geistige und zutiefst beseligende Schönheit der Gottesliebe erfahren darf, die mich für alles andere bei weitem entschädigt, was ich durch Lebensumstände dafür vielleicht an Opfern aufbringen muss! Hilf mir, ebenso so viel Vertrauen auf Ihn und in Seine Vorsehung aufzubringen, dass auch ich das Privileg erfahren darf, mich trotz allem immer in Gott geborgen zu wissen, und allen Widrigkeiten des Lebens bzw. allen Widerständen mit positiver Haltung der christlichen Hoffnung und Berge versetzender Glaubensstärke begegnen zu können!
O Mutter, so komm und hilf mir, Gott ebenso ganz und ohne irgendwelche in menschlicher Hinsicht vielleicht noch so leicht zu verstehende persönliche Vorbehalte zu lieben, dass ich dann ebenso das Glück einer Gott liebenden Seele erfahren darf, durch den Glanz Seiner Herrlichkeit und sittlichen Vollkommenheit auf meiner Seele beglückt zu werden. Hilf mir, wenigstens kleine aber stetige Fortschritte in diese Richtung zu machen, auch wenn mich die menschliche Schwäche bzw. die Versuchbarkeit davon abhalten und sogar ständig in die andere Richtung ziehen möchten! Stärke mich auf dem rechten Weg und lass nicht zu, dass ich den Anfechtungen der Unterwelt zum Opfer falle!
O Mutter, Du hast bereits damals in Deiner Jugend Gott so sehr und lauter und über alle Maße des für mich, eines Sünders, Vorstellbaren geliebt, dass Du fähig warst, das schönste und edelste jemals dem Menschenmund entsprungene Gebet zu formulieren: “Hoch preist meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland!” (Lk 1,46f.) So hilf bitte auch mir, meine inneren Augen so auf Ihn zu richten, dass ich bei diesem Erblicken der unendlichen Liebe, Güte und Barmherzigkeit Gottes mich wie Du noch weiter in Liebe nach Ihm verzehre und in diesem geistigen Genuss der beseligenden Gegenwart Gottes auch die höchste Erfüllung meines menschlichen Wesens und Daseins erfahre! Möge ich dann ebenfalls in ein inneres Frohlocken ausbrechen und mich aufgrund dieser alles irdische Maß übersteigenden Liebe Gottes gedrängt sehen, Seine Barmherzigkeiten in Zeit und Ewigkeit zu besingen! (Vgl. Ps 89,1). Ja, Mutter, Dein Gebet - Deine Liebe und Hingabe - waren echt und lauter. O Mutter, so komm, hilf beten mir, und zwar so beten, wie auch Du Dein Leben als ein ununterbrochenes intensives Gebet verstanden und geführt hast!
Und wie muss Dein Gebetsleben noch weiter an Inhalt und Intensität zugenommen haben, da Du doch nach der Geburt des verheißenen Messias und Erlösers noch weitere drei Jahrzehnte mit Jesus in tiefer Eintracht und geistig intensiver Zweisamkeit gelebt hast. Ihr habt euch sicher nicht nur über das Wetter und die üblichen täglichen Sorgen unterhalten, sondern vor allem Deine Seele hat durch zutiefst beglückende Gespräche mit Ihm, Deinem Sohn, über das Himmelreich und die göttliche Vollkommenheit profitiert. Wie Jesus als Kind und Jugendlicher Seiner menschlichen Natur nach “an Weisheit, an Alter und an Wohlgefallen vor Gott und den Menschen zunahm” (Lk 2,52), so bist wohl auch Du noch weiter und jeweils zunehmend geistig bereichert worden.
Als der zwölfjährige Jesus mit Maria und Josef nach Jerusalem pilgerte, blieb Er ja zunächst unbemerkt von Seinen Eltern drei Tage dort. Als sie Ihn dann auf der Suche nach Ihm schlussendlich dort fanden, “saß Er mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen an sie. Alle, die Ihn hörten, staunten über Sein Verständnis und Seine Antworten.” (Lk 2,46f.) Und wie muss Du, o Mutter, dich gefühlt haben, da Du doch viel häufiger solche geistigen Gespräche mit Deinem göttlichen Sohn geführt und mit Ihm zusammen gebetet hast! Dein inneres Frohlocken muss wohl kein Ende genommen haben, Dein Lobpreis Gottes umso mehr intensiviert geworden sein!
O wie gern wären wir dabei gewesen und hätten der göttlichen Weisheit aus dem Mund Jesu gelauscht! Wie gern wären wir dann auch sowohl Zeugen Deines felsenfesten Glaubens und überreichen Betens geworden als auch hätten uns ein zutiefst inspirierendes Beispiel an Deiner entsprechenden ergreifenden Demut vor und in Gott genommen! O Mutter, so komm, hilf beten mir!
“O Mutter, so komm, hilf streiten mir!” Ist denn diese Bitte nicht seltsam wenn nicht sogar richtig befremdend? Ist ja der Begriff “Streit” sittlich eindeutig negativ gefärbt und stellt ja die Streitsucht eine klare Sünde dar. So zählt Paulus den “Streit” neben einer ganzen Reihe anderer schwerwiegenden Fehlverhalten (“Unzucht, ... Wollust, Götzendienst, ... Zorn, Zwietracht, Spaltungen” usw.) unmissverständlich zu den “Werken des Fleisches”. Wobei er dann in der Erfüllung seines pastoralen Auftrags auch einer jeglichen eventuell mögliche menschlichen Illusion oder Verharmlosung entgegenwirkt: “Die solches treiben, werden das Reich Gottes nicht erben” (vgl. Gal 5,19-21).
Wie können wir zudem ausgerechnet Maria darum bitten, uns “streiten” zu helfen, da sie doch in ihrer Beziehung zu Jesus die edelste Liebe zu Gott an den Tag gelegt hat, zu der je eine Menschenseele fähig war! Zwischen Jesus und Seiner gebenedeiten Mutter bestand ja die höchste Eintracht und Harmonie - das von gegenseitigem abgrundtiefem Vertrauen und reinster Liebe getragene Verhältnis zwischen ihnen beiden gehört nicht nur zu den edelsten Leistungen der Menschheit im sittlich-interpersonalen Bereich, sondern bildet sogar der Kulminationspunkt der gegenseitigen Beziehung eines Menschen mit Gott! Stand ja da im Unterschied zu allen anderen Menschen nicht einmal der geringste Schatten irgendeiner Sünde dazwischen! Wie kann es also sein, dass wir dann in dem betreffenden Gebet ausgerechnet an Maria die betreffende Bitte herantragen?
Nun, normalerweise bzw. gewohnheitsmäßig setzen wir beim Begriff “Streit” praktisch automatisch eine solche Denkweise und praktische Haltung voraus, die z.B. aufgrund von Mehr oder Weniger an Hass, Zorn, Missgunst oder Eifersucht in Bezug auf andere Menschen hervorgerufen werden. Also geht es hier um einen solchen “Streit”, dessen Wurzeln eindeutige Unsittlichkeiten, sprich Sünden auf eigener Seite bilden - ob man nun ursprünglich selbst den Anlass zu einem solchen Streit gibt oder man ihm “erst” nach einer entsprechenden Provokation seitens anderer Menschen zustimmt. In beiden Fällen nistet sich das Böse im eigenen Herzen ein.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass tatsächlich entstandene ernsthafte Differenzen unter Menschen, also ein so genannter “Streit”, daneben auch entweder aufgrund der Konsequenz eines Menschen im Guten oder wegen seiner Unnachgiebigkeit beim Festhalten an der Wahrheit und Gerechtigkeit entstehen kann. Der Mensch erfüllt hier schlicht und ergreifend den Willen und das Gebot Gottes - er handelt im höchsten Maß sittlich! - und wird eben wegen dieser Treue zu Gott bzw. wegen seiner sich auf diese oder jene Weise zeigenden Gottes- und Nächstenliebe von anderen vielleicht weniger sittlich eingestellten Personen angefeindet. In einer solchen Situation bedarf er dann wegen der sittlichen Schwäche der menschlichen Natur sehr wohl auch des Gebetsbeistandes, eben nicht vom beabsichtigten oder bereits eingeschlagenen rechten Weg abzukommen. Und eben in diesem und nur in diesem Sinn ist auch die betreffende Bitte gehalten: “O Mutter, so komm, hilf streiten mir!”
Wir wissen es ja selbst sehr gut, wie leicht und schnell wir von einem vielleicht sogar unter viel an Mühen und innerem Kampf gefassten guten Vorsatz wieder abkommen können. Hat uns denn nicht auch schon so manche Versuchung wieder schwach gemacht und unser Verharren im Guten torpediert? Eigentlich ist das ja unsere tägliche Erfahrung.
So haben wir wohl alle Anlass genug, zunächst in etwa zu beten: O Mutter, so komm und hilf mir, die aus verkehrter und sündhafter Eigenliebe entstehende menschliche Streitsucht abzulegen und mir grundsätzlich die Haltung eines Friedensstifters und Versöhners unter Menschen anzueignen! Bewahre mich davor, dass ich in welchem Umfang auch immer den Versuchungen der Feindschaft, Missgunst, persönlichen Überheblichkeit oder auch des Neides nachgebe und somit von mir dann ungesunde geistige “Strahlung” ausgeht und ich somit zur Ursache von Bösem in dieser Welt werde!
Aber hilf mir bitte ebenso, auch dann insofern die Wahrheit wirklich zu lieben, dass ich mutig für die Gerechtigkeit eintrete, wenn mich das nicht gar so wenig an persönlichen Opfern kosten und ich deswegen vielleicht sogar ernsthaften Anfeindungen seitens anderer Menschen oder der Gesellschaft ausgesetzt werden sollte! Die menschliche Natur hat die Tendenz, davor zurückzuschrecken und sich der Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft anzupassen bzw. mit der Mehrheit zu gehen. Es kostet uns im Prinzip immer viel Kraft und Überwindung, irgendeiner allgemein anerkannten Mehrheitsmeinung zu widersprechen und somit gegen den Strom zu schwimmen – wir tun es an sich ungern.
Aber es ist sehr wichtig und von entscheidender Bedeutung für die geistige Hygiene in einer jeglichen Gesellschaft, dass es Menschen gibt, die die gute Sache und den konsequenten Einsatz dafür über die Frage nach eigenen Annehmlichkeiten stellen und dann auf diesem Weg hoffentlich auch andere aufmuntern und mitziehen. Menschen, die dann auch keine Furcht haben, bei solchen, die es „bequemer“ angehen und sich wie auch immer mit betreffendem Unrecht arrangiert haben, anzuecken und dafür notfalls auch eine „Tracht Prügel“ einzustecken – die eben um die Wahrheit „streiten“!
In der heutigen Zeit wird “Toleranz” in unserer Gesellschaft und den Medien oft so verstanden und propagiert, dass man darunter die Unfähigkeit oder auch den Unwillen erblickt, dem wahren Sachverhalt nachzugehen bzw. die Wahrheit und das Recht mutig zu verteidigen. “Toleranz” dieser Art halt als Vorschub zur Gleichgültigkeit und Tatenlosigkeit. Diese fehlende Bereitschaft, das Recht und die Wahrheit gebührend in Schutz zu nehmen und dafür mutig und ohne falsche Rücksichten einzutreten, offenbart das Fehlen einer entsprechenden positiven Überzeugung – durch das entsprechende Nichtstun bzw. die eigene Untätigkeit überlässt man das Feld den falschen Kräften und stärkt sie nur noch zusätzlich!
Und meistens versteckt sich hinter der bisweilen sogar “frommen” Fassade solcher Kompromiss-Befürworter nichts anderes als persönliche Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit bzw. ein gewaltiger Mangel an Liebe zu Gott. Deswegen ist eine solche Mentalität heute auch so oft anzutreffen.
Jesus verlangt aber von Seinen Jüngern ausdrücklich einen konsequenten selbstlosen Einsatz für die Wahrheit und Gerechtigkeit: “Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen, und wie wünschte Ich, es loderte endlich einmal empor!” (Lk 12,49). Halbherzigkeit, Lauheit und Scheu davor, für Gott, die Wahrheit und Gerechtigkeit notfalls auch den entsprechenden „Preis“ an Widerspruch, Unmutsäußerungen und vielleicht auch Verfolgung zu bezahlen, sind Ihm in diesem Zusammenhang daher zutiefst zuwider!
O Mutter, als Du Dein „Fiat“ – „Mir geschehe nach deinem Wort“ gesprochen hast (Lk 1,38), hast Du einschlussweise auch allen Opfern und Kreuzen zugestimmt, die mit dieser Mutterschaft des leidenden Heilandes verbunden waren. Schon der greise Simeon sprach bei der Beschneidung und Darstellung Jesu im Tempel, dass „auch Deine Seele ein Schwert durchdringen wird“ (Lk 2,35).
Die Heilige Schrift überliefert keine etwaigen Streitgespräche zwischen Dir und den Gegnern Jesu. Dein Einsatz bestand auch nicht darin, sichtbar ein physisches Martyrium zu erleiden. Aber Dein schwerer Kampf und tapferer „Streit“ ist wohl darin zu sehen, dass Du Jesus getreu auf Seinem Leidensweg begleitet und eben jenes „Schwert“ der furchtbaren seelischen Leiden einer Mutter Gottes, welches Deine Seele äußerst schmerzhaft durchdrang, ohne Murren und Widerspenstigkeit hingenommen und ertragen hast! Die Apostel haben in ihrer Furcht Jesus verlassen und sind geflohen. Du aber bist Seinen ganzen Kreuzweg bei Ihm geblieben und hast dich somit auch dem Spott und den Lästerungen Seiner Feinde ausgesetzt!
O Mutter, so komm und lehre mich, jenes Feuer des Eifers für die gute Sache Jesu Christi und Seiner Kirche in mir entfachen und lodern zu lassen, ohne dass mir die menschliche Furcht in entscheidenden Augenblicken wieder den Mut vertreibt! Lass nicht zu, dass ich mich z.B. mit der schrecklichen Irrlehre des Modernismus bzw. mit der “Konzilskirche” auf irgendeine falsche Weise abfinde oder dabei auch in solchen Augenblicken verräterisch Schweigen und Untätigkeit an den Tag lege, wenn ich auch nach eigenem Erkennen unbedingt etwas sagen oder entsprechend handeln müsste - nur weil ich ja bei anderen Menschen nicht anecken und somit vor allem “meinen Ruhe” haben möchte! Bewahre mich vor solchen faulen Kompromissen, die den Imperativ der Wahrheit untergraben oder die überlieferte katholische Glaubenslehre relativieren, mag auch Unruhe in meinem Umfeld oder meiner Familie entstehen und ich vielleicht sogar wie ein Ausgestoßener behandelt und in irgendeine Art von Isolation getrieben werden! Verhilf mir gerade in solchen Situationen zu einem innigen, stetigen und tiefen Trost spendenden Blick auf Jesus, der mir kraft göttlicher Gnade ein couragiertes Bekenntnis zu Deiner Liebe und Wahrheit ermöglicht!
O Mutter, so komm und hilf mir, auch dann nicht der eigenen Bequemlichkeit den Vorzug zu geben, wenn z.B. ein „Mitbruder“ einen wichtiger kirchlichen Grundsatz bricht oder sich eine unzulässige Kooperation mit irgendeiner schismatischen oder häretischen Gemeinschaft “genehmigt”! Denn sollte man etwa aus Angst vor etwaigen negativen Folgen für die eigene Person dazu schweigen oder sich nicht mit jemand solidarisieren, der da bereits entsprechend „Prügel“ abbekommt, würde man ja ebenfalls auf eine Weise die katholische Wahrheit verraten. Gib uns also den Mut, auch da so zu streiten, dass dieser geistliche Kampf sowohl Jesus, Deinem göttlichen Sohn, zu der Ihm gebührenden Ehre als auch der von Ihm gestifteten katholischen Kirche zum Schutz und Ruhm gereicht!
Hilf mir aber auch, freimütig für einen ungerecht behandelten Mitbruder einzutreten und eben angesichts des von ihm erlittenen Unrechts nicht zu schweigen, weil man etwa lieber gewissen persönlichen Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehen möchte! Denn wenn alle schweigen, sollte der richtige Augenblick gekommen sein zu reagieren, verhilft man ja nur dem Unrecht und der Lüge zum Sieg und untergräbt in der menschlichen Gesellschaft das Recht, die Gerechtigkeit und Wahrheit. O Mutter, komm und hilf mir, eben auch auf diese Weise ein Bote des Himmels zu sein und sogar frohen Mutes alles anzunehmen, was daraus vielleicht an Folgen entstehen sollte! Hat ja Dein Sohn verkündet: “Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit! Sie werden gesättigt werden. ... Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen! Ihrer ist das Himmelreich.” (Mt 5,6.10). Ja, Mutter, so komm und hilf mir, gerade auf diese Weise für Gott, Seine Kirche und die Gerechtigkeit unter Menschen zu streiten!
Ja, manchmal und manchmal viel öfter vernehmen wir die verlockende Stimme des Versuchers, die da spricht: Gib nach, nimm es nicht so ernst, in geringerem Maß gehe es ja auch noch irgendwie, versuche nicht, die Durchschnittlichkeit Deiner Umgebung durchzubrechen, lass den Leuten ihren Glauben und ihren Frieden, warne nicht, weise nicht auf einen Missstand hin, wühle nur nicht auf - dann wird es auch dir selber besser gehen und du wirst ebenso deine Ruhe haben. So gehe es ja auch und viele gingen diesen Weg. Vielleicht ist es nur Stolz, der aus dir spreche, vielleicht willst du nur auffallen und dich für etwas Besseres halten, dich über andere Menschen stellen, weil du dich da so engagierst. Schweige also und mache es wie die allermeisten.
O Mutter, so komm und hilf mir, auch insofern zu streiten, dass ich die Gabe der Unterscheidung der Geister erhalte, um die Stimme Gottes aus der Flut der Einflüsterungen des Diabolus herauszufinden, der uns manchmal ja sogar durch ein “frommes Geschwätz” verwirren will! Flüstere mir eine solche Liebe zu Jesus ein, die mich befähigt, allen Widrigkeiten, Widerwärtigkeiten und Opfern zum Trotz ein freimütiges Bekenntnis zur Liebe und Gerechtigkeit Gottes abzulegen und somit ein echter Apostel Jesu Christi zu werden! Denn wir werden nur dann Gott, die Wahrheit und das Recht wirklich lieben können, wenn wir bereit sind, dafür auch den entsprechenden selbstlosen Einsatz zu bringen! „O Mutter, so komm, hilf streiten mir!“

P. Eugen Rissling

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